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Rallye-Weltmeister Walter Röhrl und Copilot Peter Göbel gewinnen nach einem spannenden Kampf die Rallye Costa Brava Historic. Beim vorletzten Lauf zur historischen Rallye-Europameisterschaft siegten sie im Reile-Porsche 911 RSR mit fast drei Minuten Vorsprung.

Wer auf Grund des großen Vorsprungs von einem sicheren Sieg des "Besten Rallyefahrers aller Zeiten" ausgeht, täuscht sich allerdings. Bereits nach dem Shakedown am Freitagmorgen war klar, dass die Rallye keine klare Angelegenheit für Röhrl im Reile-Porsche 911 RSR wird.

Während der 325 PS starke und nur 930 Kilogramm leichte Porsche von Classic-Power Chef Wolfgang Reile auf dem Papier kaum zu schlagen war, entpuppte sich das Fahrwerk des neu aufgebauten Elfer als zu weich für die Kurvenorgien im Hinterland von Lloret de Mar. Dazu kam die geringe Erfahrung mit den richtigen Reifen. Zwar gelten die Michelin-Pneu als das Nonplusultra im historischen Rallyesport, allerdings wollten die Reifen bei gerade einmal sieben Grad über Null nicht warm werden.

Kein Wunder also, dass Röhrl schon auf der Anfahrt zur ersten Wertungsprüfung alle Mühe hat, Reifen und Bremsen auf Betriebstemperatur zu bekommen. "Es ist verrückt", so Röhrl, "ich bin aufgeregt wie zu meiner aktiven Zeit. Dabei sollte ich langsam ans Aufhören denken." Die erste Bestzeit auf der längsten und schwersten WP gehört damit dem für solche Strecken hoch überlegenen Lancia Stratos von Marco Bianchini.

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Doch schon auf WP 2 zerstört der Italiener seinen fahrbaren Untersatz, statt dessen setzt EM-Leader Toto Riolo im bärenstarken Porsche 911 die klare Bestzeit. Röhrl hadert mit dem weichen Fahrwerk, in den vielen engen Ecken rollt der Porsche nur auf drei Rädern, "ohne Traktion kann man nicht viel machen", gesteht Röhrl. Außerdem muss der gebürtige Regensburger bei aller Kurbelei einen losvibrierten Tacho zurück in die Halterung drücken.

Weil es sich bei der Rallye Costa Brava auch in der historischen Ausführung um eine echte Rallye handelte, gab es um kurz vor Mitternacht eine weitere Ausgabe der WM-Prüfung Sant Hilari. Noch einmal standen 25,28 Kilometer auf dem Plan. Röhrl überholte auch hier den vor ihm gestarteten Jean Ragnotti im Renault Alpine A110, doch die Bestzeit vor Röhrl gehörte wiederum Toto Riolo. "Unser Porsche hat rund 400 Nm Drehmoment, der beste Porsche den ich je gefahren bin, gab der Italiener zu Protokoll". Damit lag Röhrl vor der Übernachtungspause mit 18,7 Sekunden hinter Riolo, dahinter klaffte schon eine deutliche Lücke zu den übrigen Verfolgern.

Am Limit bewegt sich auch der Deutsche Meister von 1977. Der eigentlich top aufgelegt Ludwig Kuhn verstimmt sich vor der Rallye so sehr den Magen, dass WP 1 bis 3 mehr Überlebenskampf als eine gekonnte Sekundenjagd sind. Ex-Beifahrer Klaus Hopfe staunt zwar über die immer noch akzeptablen Zeiten, doch Röhrl schiebt scherzhaft der "jugendlichen Aufregung von Kuhn" die Schuld in die Schuhe.

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Tag 2 beginnt, wie der erste aufgehört hat. Riolo bleibt vorne. Das weiche Fahrwerk am Röhrl-Porsche ist zwar das einzige winzige Detail, was man am perfekt vorbereiteten Reile-Porsche überhaupt bemängeln durfte, "doch das entscheidet hier über Sieg oder Niederlage", gesteht Röhrl. Während der Weltmeister knapp eine Minute schneller ist, als der Rest, landet der blaue Elfer von Riolo noch einmal über zehn Sekunden vor dem gelben Röhrl-Renner. Nach der Absage der fünften WP (ein Teilnehmer der spanischen Meisterschaft lag unglücklich und gefährlich neben der Piste) war die Sache zwischen Röhrl und Riolo eigentlich geklärt. "Wir arbeiten in den nächsten Tagen an einer besseren Abstimmung, doch jetzt müssen wir das Beste aus der Sache machen", resümierte Wolfgang Reile. "Und ein zweiter Platz kann sich beim Debüt ja auch sehen lassen."

Und wenn es kurz vor dem letzten Durchgang nícht angefangen hätte, wie aus Eimern zu regnen, hätte das schwäbisch-bayereische Team in der Tat nichts mehr ausrichten können. Doch Röhrl nutzt den letzen Service im Hafenort Tossa de Mar zur psychologischen Kriegsführung. Kurz vor der ZK-Zeit marschiert Röhrl zum Gegner: "So Toto, mit dem weichen Fahrwerk sollte ich bei dem Regen ganz gut aussehen", sagt er und verschwindet hinter seinem eigenen Lenkrad. Dass die breiten Regenreifen für einen Generalangriff alles andere als geeignet sind, wusste Riolo nicht. Statt dessen rutscht der nervöse Italiener bereits nach wenigen Kilometern gegen die Felsen und muss aufgeben. Obwohl ihm andere nur einen Getriebeschaden andichten, flucht sein Beifahrer wenig später in die Mikrofone. "Der wollte nur den Röhrl schlagen, ich habe ihm immer gesagt, dass die Punkte für die EM wichtiger sind. Das hat er nun davon." Und Röhrl: "Da kann man mal sehen. Die alten Trícks funktionieren noch immer."

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Nach dem Ausfall des Führenden hat Röhrl keine Gegner mehr. Nach 119 WP-Kilometern verweist er den Zweitplatzierten Enrico Brazzoli mit fast drei Minuten auf Platz 2, Ferran Font und Co Josep Moreno rollen mit einem Rückstand von 3:46,3 Minuten auf Rang 3 über die Rampe am Strand von Lloret de Mar. Das beste Deutsche Team hinter Röhrl/Göbel sind  Michael Stoschek und Dieter Hawranke in einem weiteren Porsche 911. Wolfgang Pfeiffer / Ulli Windt werden 15., für die Deutschen Meister Ludwig Kuhn und Klaus Hopfe bleibt Rang 18.

Beifahrer Peter Göbel zieht ein durchweg positives Resumé. "Das war eine der schwersten Rallyes, die ich je gefahren bin. Der Aufschrieb für die Ex-WM-Prüfungen ist schwer vorzulesen, unzählige Kurven wechseln sich ab mit extrem schnellen Passagen und einem Top-Speed von über 220 km/h. Dass Rallyes an der Seite von Röhrl besonders sind, war zwar klar. "Doch ich kenne nicht viele Fahrer, die nach so vielen aktiven Jahren immer noch einen solch extremen Ehrgeiz besitzen, wie Röhrl".

Für das Team Röhrl/Göbel ist es übrigens der dritte Sieg bei einem historischen EM-Lauf. 1995 siegten beide im Porsche 356 SC bei der Bavaria Rallye, zwei Jahre später war man bei der San Remo Rallye Storico nicht zu bremsen.

Weitere Infos zur Rallye (Veranstalter-Homepage, alle WP-Zeiten, und Fotoshow) gibt es hier >


Gesamtergebnis nach 6 WP über 119 Kilometer (39 Fahrzeuge gestartet, 23 im Ziel)

1.   Walter Röhrl / Peter Göbel  Porsche 911 RSR     

    1:26:27,2 h

2.  Enrico Brazzoli / Paolo Valmassoi     Porsche 911 SC 

     + 2:45,9 min

3.  Ferran Font / Josep Moreno  Ford Escort RS 

+ 3:46,3 min

4.  Johannes Huber / Pia Maria Schirnhofer          Porsche 911 S 

+ 5:06,3 min

5.  Antonio Sainz / Javi Martinez  Ford Escort MK II 

+ 5:28,7 min

6.  Paul Gardere / Jean-Louis Bufferne  Porsche 911 S 

+ 9:53,1 min

7.  Gianmario Francone / Giulia Busseni  Lancia Stratos 

+ 10:03,8 min

8.  Graham Samuel / Tony Phillips  Ford Escort RS 

   + 10:06,9 min

9.  Andrea Andyson / Piero Richetta  Porsche Carrera RS       

+ 10:46,6 min

10.  Maurizio Pagella / Fabrizio Brunengo  Porsche 911 

 + 11:09,9 min

11. Michael Stoschek / Dieter Hawranke  Porsche 911 SR 

+ 12:27,1 min

…       
15.  Wolfgang Pfeiffer / Ulli Windt  Porsche 911 T 

+ 14:11,3 min

18.       Ludwig Kuhn / Klaus Hopfe  Porsche 911 SC 

+ 16:29,1 min


Fotos: Josep Autet, Jordi Jubany Ruiz, Peter Göbel